Intervall-Hypoxie-Behandlung – Was ist das?

Intermittierendes/Intervall-Hypoxie-Training oder intermittierende/Intervall-Hypoxie-Therapie (IHT) ist eine allgemein verwendete Bezeichnung für eine Behandlungsmethode, bei der intermittierende Hypoxie-Exposition als zentraler Therapiefaktor eingesetzt wird.

Eine IHT-Sitzung besteht aus Intervallen von mehreren Minuten (jeweils 3-10 Min.), bei denen hypoxische (sauerstoffarme) Luft verabreicht wird, die im Wechsel mit ähnlichen Intervallen durchgeführt werden, bei denen normoxische (Raumluft) oder hyperoxische (sauerstoffreiche) Luft verabreicht wird (Hypoxie-Hyperoxie-Modus – IHHT).

Das Verfahren kann mehrere Male pro Tag in unterschiedlich langen Sitzungen wiederholt werden, je nach ärztlicher Verordnung oder Herstellerprotokoll (Navarrete-Opaz et al.,2014). Beim Standardverfahren wird dem Patienten in einer Ruheposition über eine Atemmaske hypoxische Luft verabreicht. Die Therapie erfolgt tagsüber mittels Hypoxikator, der die Überwachung der Dosierung ermöglicht. https://en.wikipedia.org/wiki/Intermittent_hypoxic_training

Anders als beim Erklimmen eines Berges, bei dem sich der Körper schrittweise an den geringeren Sauerstoffgehalt in der Luft anpasst, entzieht IHT dem Körper Sauerstoff in kurzen, gezielten Stößen. Während der Behandlung werden die Sauerstoffsättigung des Blutes, die Herzfrequenz und der Blutdruck genau überwacht. Dadurch kann der Sauerstoffgehalt auf sichere Weise reduziert werden.

Das Grundprinzip der Intervall-Hypoxie-Behandlung besteht in der wiederholten Reduktion der Sauerstoffkonzentration im Blut unter Berücksichtigung der individuellen Hypoxie-Anpassungsfähigkeit. Diese Intervalle erfolgen im Wechsel mit Erholungsintervallen.

Eine Reduzierung des Sauerstoffgehalts regt die Aktivität schützender Proteine (z. B. antioxidative Enzyme, Hitzeschockproteine, Eisen-regulierende Proteine, Reparatur-Enzyme, Wachstumsfaktoren, Peroxiredoxine etc.) durch Veranlassen einer Kaskade von Reaktionen an, die zur Anpassung an die Hypoxie und neuen Abwehrmechanismen führen, die zu positiven physiologischen Veränderungen und Ergebnissen in der klinischen Praxis führen [Bernardi et al.].

Wann Intervall-Hypoxie nützlich sein kann

Therapeutisches Potenzial des HIF-Signalwegs: „Alles eine Sache der Dosis“

Nur die kontrollierte und dosierte Exposition gegenüber normobarer Hypoxie kann therapeutisch genutzt werden.

Die Effizienz von IH hängt von fünf Schlüsselvariablen ab (Törpel et al.2019):

  • der Intensität der Hypoxie
  • der Dauer der Hypoxie
  • der Anzahl der Zyklen
  • dem Muster der IH-Verabreichung (z. B. aufeinanderfolgende Tage vs. abwechselnde Tage)
  • der Gesamtbehandlungsdauer

Alexander Törpel et al. (European Journal of Applied Physiology, 2019):
“Während die externe Intensität der Hypoxie die Art der Umgebungsbedingungen bestimmt (z. B. eingeatmeter Sauerstoffanteil: FiO2), ist die interne Intensität der Hypoxie durch die Höhe des Sauerstoffdefizits im Organismus gekennzeichnet (z. B. die Sauerstoffsättigung des Blutes: SpO2, gemessen mit einem Pulsoximeter). Die Intensität der internen Hypoxie hängt hier unter anderem von der Intensität der externen Hypoxie, einigen physiologischen Prozessen (z. B. Diffusionskapazität der Lunge), der Empfindlichkeit der Chemorezeptoren (García-Río et al. 2007) und der Kompensationsreaktion des Organismus ab (z. B. des kardiorespiratorischen Systems; Bärtsch and Gibbs 2007). Im Hinblick auf die letzten drei Faktoren sind interindividuelle Unterschiede und altersspezifische Veränderungen feststellbar (García-Río et al. 2007; Lhuissier et al. 2012; Stam et al. 1994). Folglich existieren interindividuelle Unterschiede bei der internen Intensität der Hypoxie während der Verabreichung einer externen Hypoxie, die in einer unterschiedlichen Stärke des hypoxischen Stimulus für den Organismus resultieren können (Variationen von bis zu 10 % oder mehr des SpO2, siehe Chacaroun et al. 2017; Burtscher et al. 2004; Harshman et al. 2015).
SpO2 von etwa 80 % entspricht der mittleren internen Intensität von Hypoxie während einer externen Hypoxie mit einer FiO2 von 17-10 % (siehe Burtscher et al. 2004; Chacaroun et al.2017).“

Moderate Hypoxie (10-16 % eingeatmetes O2) und geringe Zyklenzahlen (3-15 Episoden täglich) führen in den meisten Fällen zu vorteilhaften Auswirkungen ohne pathologische Veränderungen, wohingegen schwere Hypoxie (2-8 % eingeatmetes O2) und zusätzliche hypoxische Episoden pro Tag (48-2400 Episoden/Tag) zunehmend größeren Schaden verursachen können. Es gibt zunehmend Hinweise, dass „gering dosierte“ IH (moderate Hypoxie, wenige Episoden) möglicherweise eine einfache, sichere und wirksame Behandlungsmöglichkeit mit erheblichem therapeutischem Potenzial für eine Vielzahl klinischer Erkrankungen sein könnte. (A. Navarrete-Opazo und G. S. Mitchell, Department of Comparative Biosciences, University of Wisconsin-Madison, Madison, Wisconsin, 2014).

Ein paar Fakten über Hypoxie-Training
  • Bei der Hypoxie-Therapie handelt es sich um ein sehr natürliches Verfahren, da sie sich einzigartige genetisch-bedingte Phänomene des menschlichen Körpers zunutze macht: Organismen kompensieren rasch Störungen auf allen Ebenen durch eine verminderte Sauerstoffaufnahme und passen sich so an ihre neue Umwelt an. Auf eine sogenannte „Superkompensation“ folgt die vollständige Kompensation einer gestörten Funktion, womit sich der Widerstand des Körpers gegenüber einem spezifischen Faktor verbessert.
  • Die pränatale Entwicklung des Körpers findet in einer Umgebung mit geringem Sauerstoffgehalt statt, der etwa dem in einer Höhe von 5000-6000 m über Meeresspiegel entspricht (NN). Darüber hinaus verändern sich die PO2-Werte im Mutterleib und im fetalen Gewebe zyklisch.
  • Die Fähigkeit des Fötus zur Superkompensation als Reaktion auf einen verringerten PO2-Wert ist ein Aspekt des spezifischen Fötus-„Trainings“ und bildet dessen Fähigkeit, sich externen Faktoren nach der Geburt zu widersetzen.
  • Intervall-Hypoxie-Therapie ist eine einfache Möglichkeit, das Sauerstofftransportsystem einzustellen und die Energie des Oxidationsprozesses zu erhöhen. Dies ist auf die Tatsache zurückzuführen, dass das Sauerstofftransportsystem, einschließlich Atem- und Herz-Kreislauf-System, Blut, mehrschichtige Regulatoren und Zellatmungssysteme, hauptverantwortlich für adaptive Veränderungen ist.
  • Diese Effekte werden auch durch kontinuierliches, intensives körperliches Training im aeroben Bereich während mehr als 30 Minuten erzielt. Hyoxie-Training ist leicht durchzuführen und ohne Einschränkungen möglich, was insbesondere für Patienten mit Übergewicht oder Stoffwechselstörungen von Vorteil ist.
  • Menschen in Hochlandgemeinden profitieren in der Regel von einer 15-20 Jahre längeren Lebenszeit. Die durchschnittliche Lebenserwartung der Bewohner des Hunza-Tals im Karakorumgebirge auf 2500 m über dem Meeresspiegel liegt bei 120 Jahren.